TECHNISCHER ANWENDUNGSBERICHT

Die Vor-und Nachteile des Testens von biegeunempfindlichen Multimode-Fasern (BIMMF): Die Notwendigkeit von Encircled Flux

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Überblick

Signalübertragung über Glasfaser beruht auf dem Phänomen der totalen internen Reflexion. Diese erfolgt, wenn Licht von einem Medium mit einem Refraktionsindex in ein anderes Medium mit einem niedrigeren Refraktionsindex wechselt. Aufgrund des Unterschieds zwischen dem Refraktionsindex des Faserkerns (hoch) und dem der Ummantelung (niedrig) wird das Licht durch die konstante Reflexion von der Ummantelung am Kern entlang geleitet. Wird jedoch bei Glasfaser ein gewisser Biegeradius überschritten, kann ein gewisser Anteil des Lichts verloren gehen, was einen Signalverlust zur Folge hat. Das kann während der Installation oder jederzeit bei der Handhabung der Glasfaser erfolgen und gibt oft Grund zu Bedenken innerhalb der begrenzten Räume von eng besetzten Glasfaser-Patchingbereichen in Rechenzentren.

Vor mehreren Jahren haben Hersteller von Glasfaser extrem biegbare 50-µm-Multimode-Glasfaser zur Verwendung in Rechenzentren und Unternehmensnetzwerken entwickelt. Diese neue biegungsunempfindliche Multimode-Glasfaser (BIMMF) sollte engen Biegungen um einen 10-mm-Radius mit bedeutend geringerem Signalverlust widerstehen als nicht biegbare Multimode-Glasfaser, die im Folgenden als Nicht-BIMMF bezeichnet wird. Mit der Einführung von BIMMF waren Installateure endlich in der Lage, Glasfaser-Netzwerke einzurichten, ohne sich um das Überbiegen von Glasfasern und verschlechtere Leistung Sorgen machen zu müssen. Heute ist BIMMF in Rechenzentren weit verbreitet und das Design und die Vorteile wurden in zahlreichen Veröffentlichungen diskutiert.

BIMMF ist laseroptimiert für Hochgeschwindigkeit-Netzwerke und ausgelegt für Anwendungen mit einem sehr engen Dämpfungsbudget. Für eine typische 10 Gigabit Ethernet (GbE) Verbindung über 300 m beträgt die zulässige Kanaldämpfung 2,6 dB. Mit diesem strengen Dämpfungsbudget ist die Marge für biegungsverursachte Dämpfung aufgrund mangelhafter Installation klein. Transceiver und Testgeräte müssen ebenfalls einen streng kontrollierten Vorlauf sichern und dadurch Über- oder Unterfüllungs-Vorlaufbedingungen verhindern, die weiterhin zu Dämpfung und fehlerhaftem Testen führen könnten. Von Glasfaser-Herstellern und Testgeräte-Unternehmen bereitgestellte Daten zeigen, dass ein spezifischer Typ von Vorlauf für das Testen von BIMMF erforderlich ist. Diese Vorlaufbedingung ist Encircled Flux (EF).

EF ist ein Messwert zur Definition der Abgabebedingungen in Multimode-Glasfasern, durch die die Messungenauigkeiten bei der Dämpfungsmessung von Verkabelungsstrecken reduziert werden. EF wurde im Oktober 2010 durch die Veröffentlichung von „ANSI/TIA-526-14-B Optical Power Loss Measurements of lnstalled Multimode Fiber Cable Plant“ anerkannt. EF erhöht die Genauigkeit durch Angabe der modalen Leistung über die gesamte Glasfaser-Stirnfläche des Launches mittels einer Vorlage, die eher den streng kontrollierten Launch-Bedingungen der heutigen Gigabit- und 10-Gigabit Ethernet-Glasfaser-Transceivern entsprechen.

BIMMF-Design

Zum Erreichen von biegeunempfindlichen Eigenschaften verwendet BIMMF ein von Nicht-BIMMF unterschiedliches System. In Nicht-BIMMF besteht das Glas aus Kern und Ummantelung, wobei beide einen eigenen Refraktionsindex haben. Im Gegensatz dazu hat BIMMF eine speziell ausgeführte optische „Trennzone“ zwischen dem Kern und der Ummantelung. Diese Trennzone hält die propagierenden Moden im Faserkern, selbst in einer extremen Biegung. Im Wesentlichen lässt sie nicht zu, dass Licht aus dem Kern entweicht.

Laut den Herstellern von Glasfasern ist die Entwicklung von BIMMF kompliziert und herausfordernd. Das Refraktionsindex-Profil muss mit Umsicht entwickelt werden, damit sichergestellt wird, dass alle Leistungsparameter die Industriestandards erfüllen. Da die Glasfaser-Bandbreite eine der wichtigen Spezifikationen für Multimodefaser ist, muss das Faserprofil eine hohe Bandbreite aufrechterhalten. Design und Platzierung der optischen Trennzone sind ein wichtiger Faktor. Multimode-Glasfaser unterstützt viele Arten von Licht-Propagation, einschließlich von Moden niedrigerer und höherer Ordnung. Die Moden-Gruppen höherer Ordnung, die sich näher am äußeren Faserkern befinden, sind empfindlicher und entkommen dem Kern beim Biegen mit höherer Wahrscheinlichkeit. Eine mangelhaft geplante und platzierte optische Trennzone kann Verzögerungen und Lichtmoden höherer Ordnung verursachen und dadurch die Bandbreite mindern. Ein gut geplantes Design von BIMMF hält möglichst viele dieser Gruppen höherer Moden innerhalb des Kerns, um die optische Übertragungsintegrität aufrechtzuerhalten.

Der Grundgedanke eines guten BIMMF-Designs ist, die Modengruppen höherer Ordnung innerhalb des Faserkerns zu bewahren. Nicht-BIMMF kann normalerweise 17 Schlüsselmoden-Gruppen unterstützen. BIMMF, die auch 17 Modengruppen unterstützt, führt zu besserer Kompatibilität mit OM3- und OM4-Glasfasern. Ein Ansatz zur Untersuchung der Qualität des BIMMF-Designs ist das Testen des Unterschieds zwischen BIMMF und Nicht-BIMMF mittels der Encircled Flux-Methode. Der Unterschied in den EF-Ergebnissen zwischen einer Nicht-BIMMF und einer gut geplanten BIMMF sollte gering sein.

Alle BIMMF-Designs zeigen eine Längenabhängigkeit für den Faserkerndurchmesser und die numerische Öffnung, wenn ein überfülltes Launch verwendet wird. Moden höherer Ordnung, die in die Trennzone gesendet werden, können für eine bestimmte Strecke dort bleiben, bis sie abschwächen. Diese Moden, die innerhalb der Trennzone erfasst werden und propagieren, werden „Leckverluste“ genannt. Dieses Phänomen beeinflusst Spleiß- und Verbindungsdämpfung. Auf der anderen Seite hat Nicht-BIMMF keine Längenabhängigkeit. Ein EF-Launch mindert den Kerndurchmesser und die numerische Apertur-Längenabhängigkeit für alle BIMMF-Designs. Des Weiteren gibt ein EF-Launch die Systemleistung korrekt wieder.

Einkopplungsbedingungen

Beim Testen von Multimode-Faserverbindungen wird die Messung der Dämpfung stark von der Einkopplungsbedingung der Lichtquelle beeinflusst. Wenn ein Test mit zwei unterschiedlichen Quellen durchgeführt wird, die verschiedene Einkopplungsbedingungen haben, könnte die Dämpfungsmessung bedeutend abweichen. Nicht allein wird das Testen inkonsistent, es führt auch zu verwirrenden Ergebnissen. Eine mit einem unterfüllten Launch getestete Verbindung stellt u. U. keine Ereignisse mit hoher Dämpfung fest, wie beispielsweise eine falsch ausgerichtete Verbindung, wodurch die Möglichkeit entsteht, dass eine mangelhafte Verbindung die Prüfung besteht. Zum Erreichen eines konsistenten und genauen Messergebnisses müssen alle Einkopplungsbedingungen standardisiert werden. Die Bedeutung eines EF-Launchs kann nicht übertrieben werden.

Launch Cord Selection – International standards for multimode testing sets precise launch condition metrics using encircled flux for testing installed multimode fiber cabling attenuation. Lieferanten von Testgeräten stellen gewöhnlich eine duale Wellenlängenquelle mit einem gemeinsamen Wickeldorn oder Moduswandler bereit. Während konforme Launches von dualen Wellenlängenquellen (d. h. 850 nm und 1300  nm) mit der gleichen Wickeldornwicklung auf Nicht-BIMMF-Vorlaufkabeln erreichbar sind, zeigten Daten, die auf einer TIA-Glasfaserstandards-Konferenz präsentiert wurden, dass die Ziele eines gemeinsamen Wickeldorns und die Ausrichtung der Einkopplung abzuweichen scheinen, wenn versucht wird, BIMMF als Vorlaufkabel zu verwenden. Ein gemeinsamer Wickeldorn erscheint nicht möglich zu sein, in Anbetracht der hohen Wellenlängenabhängigkeit von Faserbiegungsdämpfung. Solange diese Probleme nicht behoben werden können, sollte BIMMF nicht in Vorlaufkabeln verwendet werden.

Receive Cord Selection – To complete a permanent link test using the recommended 1-cord reference method, a receive cord must be used. Der Zweck des Empfangskabels wie auch des Vorlaufkabels ist die Bereitstellung von Link-Dämpfungsmessungen, die die installierte Glasfaseranlage und die beiden Verbindungen an jedem Ende der Verbindung beinhalten. Für ein gut ausgelegtes BIMMF-Testkabel, dessen Kerndurchmesser und numerische Apertur dem installierten Kabel entspricht, macht es wahrscheinlich keinen Unterschied aus, ob ein BIMMF- oder Nicht-BIMMF-Empfangskabel verwendet wird. Um jedoch die Möglichkeit eines zu optimistischen Testergebnisses mit BIMMF-Testkabeln zu vermeiden, ist es ratsam, auch ein Nicht-BIMMF-Kabel als Empfangskabel zu verwenden.

KOMPATIBILITÄT MIT NICHT-BIMMF

Den meisten Glasfaser-Herstellern zu Folge ist BIMMF voll kompatibel mit OM2-, OM3- und OM4-Standards für laseroptimierte Multimode-Glasfasern und ist auch abwärts kompatibel mit der installierten Basis von nicht laseroptimierten 50-µm-Multimodeglasfasern. Kompatibilität und Leistung sind abhängig vom Design des BIMMF.

2011 führte ein führender Faserhersteller gründliche Modellierungs- und experimentelle Tests an BIMMF durch. Diese Tests zeigten, dass optimierte BIMMF abwärtskompatibel ist, geringe Makrobiegungsdämpfung hat und eine ähnliche differentielle Modusverzögerung zeigt wie Standard-Nicht-BIMMF. Experimentelle und Modellierungs-Tests zeigten, dass BIMMF mit Nicht-BIMMF vermischt werden kann, ohne übermäßige Dämpfung einzuleiten.

Faserspleißdämpfung ist in starkem Maß abhängig von der Anzahl von geleiteten Moden und ihren Modenfeldformen. Spleißdämpfung wird minimiert, wenn die Anzahl von Moden und Modenfeldformen übereinstimmen. Das bedeutet, dass ein kontrollierter EF-Launch benötigt wird und dass die Glasfaserkerngröße und -toleranzen übereinstimmen müssen. EF wird an einem Spleiß zwischen Nicht-BIMMF und BIMMF beibehalten, wenn Kerngröße und -toleranzen übereinstimmen.

Es folgt eine ausgezeichnete Zusammenfassung der Kompatibilität von BIMMF und Nicht-BIMMF, die von einem führenden Glasfaser-Hersteller auf einer TIA-Standards-Konferenz in einem Frage-und-Antwort-Format präsentiert wurde (die Testdaten wurden hier nicht eingeschlossen):

1. Frage: Zeigt eine homogene BIMMF-Verbindung eine Einfügedämpfung, die der einer Legacy-Multimodefaser entspricht? Antwort: BIMMF weist niedrigere Einfügedämpfungen auf als Legacy-Multimodefaser.

2. Frage: Zeigt eine heterogene BIMMF-Verbindung eine Einfügedämpfung, die der einer Legacy-Multimodefaser entspricht? Antwort: Das Verketten unterschiedlicher BIMMF des gleichen Designs hat nur eine minimale Auswirkung.

3. Frage: Zeigt eine vermischte Kabelverbindung unterschiedlicher BIMMF-Designs eine Einfügedämpfung, die der einer Legacy-Multimodefaser entspricht? Antwort: Einfügedämpfungen sind vergleichbar, wenn unterschiedliche BIMMF-Designs verkettet werden.

4. Frage: Zeigt eine Mischung aus BIMMF mit Legacy-Multimodefaser eine Einfügedämpfung, die der einer Legacy-Multimodefaser entspricht? Antwort: Wenn BIMMF-Designs mit Legacy-Multimodefaser vermischt werden, ist die Einfügedämpfung geringer als bei Legacy-Multimodefaser allein.

Testmethoden

Werfen wir jetzt noch einen genaueren Blick auf die Testmethoden für BIMMF, die sich, bis auf einige Ausnahmen, wirklich nicht vom Testen anderer Glasfasertypen unterscheidet. Das Testen von Multimode-Glasfaserkabeln mit BIMMF erfordert immer ein mit der beim Test verwendeten Lichtquelle verbundenes Vorlaufkabel und ein Empfangskabel, wenn ein Permanent Link getestet wird. Hier sind die drei grundlegenden Empfehlungen für das Testen von BIMMF, basierend auf dem Test- und allgemeinen Konsens von Glasfaserexperten:

1. Mit einem Nicht-BIMMF-Vorlaufkabel muss ein Encircled Flux-Launch verwendet werden

2. Die 1-Leiter-Referenztestmethode verwenden

3. Für das Testen von Permanent Links ein Nicht-BIMMF-Empfangskabel verwenden

Es ist u. U. wichtiger, ein Empfangskabel zu verwenden, das der getesteten Glasfaser am Nächsten kommt, anstatt einen Glasfasertyp vorzuschreiben. Dies ist einer Situation ähnlich, in der beim Testen die Kerngrößen unterschiedlich sind. Die Auswirkung einer Verbindung von BIMMF und Nicht-BIMMF bei nicht abgestimmten Designs ähnelt der Situation, in der zwei Glasfasern mit unterschiedlichen Kerndurchmessern oder numerischen Aperturen verbunden werden. Wenn Licht von einem kleineren Kerndurchmesser in einen größeren Durchmesser gelangt, ist die Dämpfung niedriger als in der umgekehrten Richtung. Zur Sicherheit wird jedoch für alle Fälle ein Nicht-BIMMF-Empfangskabel empfohlen.

Abbildung 1 zeigt einen verallgemeinerten Dreischritte-Prozess zum Messen und Validieren der Dämpfung eines kurzen Testkabels. In Schritt 1 wird die Ausgangsleistung des Nicht-BIMMF-Vorlaufkabels mittels eines optischen Leistungsmessers mit einem großen Photodetektor auf Null gestellt. In Schritt 2 wird Seite „A“ des Testreferenzkabels (TRC) gemessen. Abschließend wird in Schritt 3 die Seite „B“ des Testkabels gemessen.

Abbildung 1 – Allgemeine Methoden zum Testen eines kurzen Testkabels

 

Abbildung 2 zeigt einen verallgemeinerten Zweischritte-Prozess zum Messen und Validieren der Dämpfung eines Permanent Links. In Schritt 1 wird die Ausgangsleistung des Nicht-BIMMF-Vorlaufkabels mittels eines optischen Leistungsmessers mit einem großen Photodetektor (1 mm oder größer) auf Null gestellt. In Schritt 2 wird das Empfangskabel an das entfernte Ende der Kabelanlage angeschlossen. Alle Testkabel werden mit Nicht-BIMMF erstellt. Dann wird die endgültige Dämpfungsmessung vorgenommen.

Abbildung 2 – Allgemeine Methode für die Prüfung von Permanent Links

 

Abbildung 3 zeigt den vollständigen vierstufigen Test, der die Referenz, die Prüfung des Empfangskabels und die eigentliche Prüfung des Permanent Links mittels eines EF-Launchs auf einem Nicht-BIMMF-Vorlaufkabel und einem Nicht-BIMMF-Empfangskabel umfasst. Die zu testende Verkabelung kann BIMMF, Nicht-BIMMF oder eine Mischung aus beiden sein.

Abbildung 3 – Vierstufiger Prozess zur Prüfung von Permanent Links

ZUSAMMENFASSUNG

Mit BIMMF können Installateure ein Netzwerk installieren, ohne sich viel Gedanken über Biegedämpfung aufgrund von Arbeitsfehlern machen zu müssen. BIMMF ist vergleichbar und kompatibel mit anderen biegeunempfindlichen Multimodefasern wie OM3 und OM4. Das Design der BIMMF ist jedoch bedeutend für eine gute Kompatibilität.

Für eine gute Funktionalität von BIMMF-Links, seien sie homogen oder vermischt mit Legacy-Glasfasern, ist es von Bedeutung, dass ein strenger kontrollierter Launch verwendet wird: Encircled Flux. Ein überfüllter Launch fängt mehr Moden hoher Ordnung in der Trennzone (d. h. Leckverluste), und die Leistung wird beeinträchtigt. Da es schwierig ist, BIMMF mit einem Wickeldorn und als Vorlaufkabel zu verwenden, und da ein gemeinsamer Wickeldorn zu verzerrten Wellenlängenergebnissen führt, sollte Nicht-BIMMF für die Vorlaufkabel verwendet werden.

Die 1-Leiter-Referenzmethode erbringt die genauesten Messergebnisse beim Prüfen von kurzen Testkabeln auf BIMMF oder eines Links mit BIMMF. Es wird empfohlen, beim Messen von Permanent Links Nicht-BIMMF für das Empfangskabel zu verwenden. Damit können zu optimistische Ergebnisse für ein nicht ideales BIMMF-Design vermieden werden.

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